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Koreaner bauen jetzt Fernseher in Bautzen


„Einmal sehen ist besser als tausendmal hören“, meint ein altes koreanisches Sprichtwort. Diese Weisheit scheint sich das koreanische Unternehmen Atec zu Eigen gemacht zu haben. Atec ist der viertgrößte koreanische Hersteller von Flüssigkristall-Fernsehern (LCD). Ab März will das Unternehmen seinen Hauptsitz für das europäische Geschäft nach Bautzen auf das ehemalige Philipsgelände in der Fichtestraße verlegen. Bisher stand die Zentrale in Amsterdam. „Nichts ist schöner, als der Rücken eines Mannes, der gelernt hat zu gehen, wenn es zu gehen an der Zeit ist“, heißt ein weiteres koreanisches Sprichwort.

Wollen von Bautzen aus den europäischen Markt für LCD-Fernseher erobern: Daniel Park (Atec) und Karl Dominick (Let Me Repair)

Aus diesem Grund freuten sich am vergangenen Montag auch Bautzens Finanzbürgermeister Michael Böhmer und Wirtschaftsförderer Eckehard Oßwald, als Daniel Park, Geschäftsführer der Atec Europe GmbH mitteilte, dass es Zeit sei, Amsterdam zu verlassen und sich in Bautzen anzusiedeln. Atec will in diesem Jahr zunächst acht Arbeitsplätze im Vertriebsbereich schaffen. Die Produktion der Geräte übernimmt die Firma „Letmerepair“ (LMR), die ebenfalls auf dem Werksgelände angesiedelt ist und bereits seit eineinhalb Jahren mit rund 15 der derzeit 130 Beschäftigten als Dienstleister Fernseher für Atec produziert. „Mit der Ansiedlung von Atec in Bautzen werden wir noch einmal 15 Mitarbeiter fest einstellen können“, erklärte LMR-Chef Karl Dominick. LMR war nach einem rasanten Wachstum – der Jahresumsatz liegt derzeit bei rund fünf Millionen Euro – erst im Vorjahr aus dem Technologie- und Gründerzentrum in der Preuschwitzer Straße ausgezogen.

Die Flexibiliät von LMR sei einer der Hauptgründe für die Verlagerung der Europa-Zentrale an die Spree gewesen, so Park. Dazu zählen unter anderem die schnelle Umstellung von Produktionsprozessen, die Bereitschaft der Mitarbeiter zur Arbeit am Fließband und zu kurzfristigen Zeitverträgen. Aber auch die Lage der Stadt zwischen Westeuropa und den immer wichtiger werdenden Osteuropa-Markt sowie die Nähe zum polnischen Wroclaw (Breslau) hätten den Ausschlag für Bautzen gegeben. In Breslau produziert der Elektronikhersteller LG Philips Gläser für die LCD-Bildschirme. Diese sind das teuerste Bauteil eines LCD-Fernsehers.

Für seine Geräte verwendet Atec ausschließlich Philips-Bildschirme. Zu den vier Koreanern und vier Deutschen, die direkt bei der Atec Europe GmbH angestellt sein werden, könnten in der nächsten Zeit noch einige hinzukommen. Denn von Bautzen aus soll auch das Deutschlandgeschäft von Atec aufgebaut werden. „Wir wollen direkt an die Einzel- und Fachhändler herantreten“, so Dominick. Im Gegensatz zu einem Vertrieb über den Großhandel benötige man dafür mehr Personal. Große Um- oder Neubauten auf dem Betriebsgelände wird es nicht geben, da die Produktionsanlagen bereits vorhanden sind und der Vertrieb nur einen Bruchteil der 3.000 Quadratmeter Bürofläche benötigt.

Für die aggressiven Marktpläne von LMR und Atec – der Jahresumsatz von Atec Europe soll im kommenden um fünf auf 22 Millionen Euro steigen – werden künftig Mitarbeiter in der Buchhaltung gesucht. Dominick: „Es ist allerdings nicht leicht, hier einen Buchhalter mit Fachenglisch zu finden.“

Sprachbarrieren abzubauen, daran arbeitet jetzt auch Manager Park, der die frohe Botschaft des Umzugs bereits auf Deutsch verkündete und nun im Privatunterricht die Sprache seiner neuen Heimat lernen will. Ob er auch seinen Wohnsitz nach Bautzen verlegen wird, ließ Park noch offen. Während er als Geschäftsführer die Entscheidung über den Umzug von Atec selbst treffen konnte, sei für die Verlagerung des privaten Hauptsitzes seine Frau zuständig. Eine erste Erkundungstour durch Bautzen hat der Koreaner jedoch bereits am vergangenen Montagabend unternommen. Unter anderem konnte man ihn im Marktkauf Bautzen antreffen. Denn ein weiteres koreanisches Sprichwort sagt: „Die beste Aussicht hat keinen Reiz, wenn der Tisch leer ist.“ Und ein koreanisches Restaurant gibt es Bautzen bislang noch nicht.

Info: Koreaner bauen nicht nur LCD-Fernseher, sondern haben auch viele tiefsinnige Sprüche geprägt:

Gib nicht dem Fluss die Schuld, wenn du in’s kalte Wasser gesprungen bist! Frage nicht wie, wenn Du Seoul erreichen kannst!

Wer hohe Türme bauen will, muß lange beim Fundament verweilen.

Es genügt nicht, zum Fluß zu kommen mit dem Wunsche, Fische zu fangen, man muß auch das Netz mitbringen.

Die beste Aussicht hat keinen Reiz, wenn der Tisch leer ist.

Ein Raum, der sich leicht erwärmen läßt, wird auch leicht kalt.

Dem Vogel ist ein einfacher Zweig lieber als ein goldener Käfig.


Quelle:Lokalnachrichten Verlagsgesellschaft mbH, www.on-regional.de, Tobias Schilling

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